Der Kleiber

Temperamentvoller Lehm- und Kletterkünstler unserer heimischen Vogelwelt!

Laut und vielseitig erklingt der Gesang des Kleibers. Je nach Laune verändert er seine Stimme hörbar und teilt seiner Umwelt so seinen Gemütszustand mit.

Ob er gerade allein ist, mit einem Rivalen um sein Revier kämpft oder um die Gunst eines Weibchens wirbt erkennt man in der Regel direkt am Klang seines Rufs. Je nachdem zieht er die Pfeiftöne hörbar herab, hinauf oder ändert einfach ihren Rhythmus. Neben dem Gesangstalent machen den Kleiber außerdem noch weitere Eigenschaften zu einem besonderen heimischen Singvogel. Nicht viele können wie er spielerisch einen Stamm kopfüber senkrecht nach unten klettern oder etwa fast schon kunstvoll Bruthöhlen mit Lehm verschließen!

So sieht er aus, der Kleiber

Der Kleiber erreicht in der Regel eine Größe von 12-14,5 cm, dennoch wirkt er mitunter aufgrund seines kurzen Halses und Schwanzes eher kompakt. Während die Oberseite des Vogels blaugrau gefärbt ist, weist seine Unterseite eine nicht weniger markante orange farbene, rostbraune Färbung auf. Ein besonderes Erkennungsmerkmal ist außerdem der schwarze Augenstreif, der wie eine Maske sein sonst weißes Gesicht ziert. Männchen und Weibchen unterscheiden sich lediglich in der Farbintensität ihrer Flanken. Bei den Männchen fallen diese etwas rotbrauner aus, als bei den Weibchen. Kein direkt äußerliches, jedoch dennoch ein Wiedererkennungsmerkmal ist die charakteristische Körperhaltung des Kleibers, während er sich an senkrechten Flächen festkrallt. Dadurch, dass er immer einen Fuß oberhalb des anderen in die Baumrinde krallt, sitzt der Kleiber in Ruhe sichtbar schräg am Stamm. Der Schnabel des Kleibers ist lang, spitz und kräftig. Er ermöglicht es dem Kleiber auch harte Insekten oder Nüsse mit Leichtigkeit zu knacken.

Lebensraum & Lebensweise

Neben offenen Laub- und Mischwäldern ist der Kleiber auch in städtischen Bereichen durchaus oft anzutreffen. Dabei fühlt er sich am wohlsten in Parks, großen Gärten, Alleen, Friedhöhen oder etwa Obstwiesen. Da es sich beim Kleiber um einen sogenannten Stammkletterer handelt, bevorzugt er in seinem Lebensraum Bäume mit möglichst grobborkiger Rinde, an der er sich gut festkrallen und geschickt entlangklettern kann. Beim Klettern ist er derart talentiert, dass er sogar als fast einziger heimischer Vogel am Stamm senkrecht nach unten und sogar der Unterseite von Ästen klettern kann, sofern er diese mit seinen Zehen umgreifen kann. Während des Kletterns sucht er nach Insekten oder etwa Spinnen, die sich in den Ritzen der Rinde verstecken. Im Winter, also dann wenn sich Nahrung nicht mehr ganz so leicht finden lässt, sucht der Kleiber sogar noch etwas genauer und hebt geschickt dünne Rindenstücke oder Pflanzenbewuchs mit dem Schnabel ab, um darunter versteckte Nahrung zu entdecken.

Findet der Kleiber ein Insekt oder eine Nuss, die aufgrund der harten Schale nicht leicht zu verspeisen sind, nimmt er diese mit zu einer seiner sogenannten Werkbänke. Dabei handelt es sich um Baumritzen, in denen er seine harte Nahrung einklemmt, um sie anschließend mit gezielten Schnabelhieben zu schnabelgerechten Stücken zu zerkleinern. Herrscht einmal ein übermäßiges Nahrungsangebot, so deponiert der Kleiber einiges davon in Verstecken.

Während sich viele Vogelarten ihren Bauch direkt am Vogelhaus vollschlagen, nimmt der Kleiber mit, was er im Schnabel tragen kann und bringt dies in seine Verstecke. Oft handelt der Kleiber dabei durchaus skurril. Samen, die etwa aus Zapfen herausgepickt werden, werden oftmals direkt wieder in anderen Zapfen deponiert. Beim Verstecken von Nahrung geht es dem Kleiber jedoch nicht um ein längerfristiges Vorausschauen. Meist werden die Depots zeitnah wieder geleert oder gar vergessen. Es wurde bereits ein Verhalten beobachtet, das Grund zur Annahme lässt, dass dem Kleiber vielleicht sogar einfach das Verstecken an sich Freude bereitet. Findet der Kleiber von ihm selbst versteckte Depots wieder, entleert er diese lediglich, um sie direkt erneut an einem anderen Ort zu verstecken. Neben seinem Fressverhalten und seinem Talent zu klettern, weist der Kleiber auch bei der Brut ein äußerst interessantes Verhalten auf. Der Kleiber zählt zu den so genannten Höhlenbrütern. Anders als beispielsweise der Buntspecht kann der Kleiber aber seine Höhle nicht selbst bauen und in einen Baum schlagen. Er ist daher auf verlassene Höhlen anderer Tiere angewiesen. Geht es nach dem Kleiber, kann eine Bruthöhle gar nicht groß genug sein. Um das Eindringen von Fressfeinden zu vermeiden, hat der Kleiber im Laufe der Evolution das Handwerk des Lehmbaus erlernt. Geschickt verschließt der Vogel das Eingangsloch so weit, dass nur noch exakt er selbst mit seiner Körpergröße hindurch passt. Es ist somit die Fähigkeit mit Lehm zu bauen, die dem Kleiber seinen Namen beschert hat. Ein Kleiber ist nämlich die mittelhochdeutsche Bezeichnung für einen Handwerker, der beim Bau eines Hauses für die Errichtung von Lehmwänden zuständig ist.

Kleiber einladende Maßnahmen im eigenen Garten

Möchte man bei sich zuhause im eigenen Garten einen Kleiber begrüßen können, so rät es sich alte Laubbäume stehen zu lassen, an denen der quirlige Stammkletterer auf und ab klettern kann. Wie für eine Vielzahl an anderen Vögeln lohnt es sich auch für den Besuch eines Kleibers auf ein insektenfreundliches Gärtnern zu achten. Mit ausreichend Totholz, wilden Ecken oder etwa Blumenwiesen bietet man Insekten ein Zuhause und somit ein reichliches Nahrungsangebot für den Kleiber. Weiters ist auch für den Kleiber das Anbringen einer Futterstelle äußerst hilfreich und wird dementsprechend auch sehr gerne angenommen. Auch wenn er vom Menschen aufgehängte Nistkästen nicht ganz so sehr in Anspruch nimmt wie natürliche Höhlen, kann zu guter Letzt das Aufhängen eines Nistkastens ebenso zum Erfolg und somit dem Besuch eines Kleibers im Garten führen.

Kleiber

Lateinisch: Sitta europaea
Familie: Kleiber (Sittadae)
Größe: 12-14,5 cm
Gewicht: 20 g
Verbreitung: Europa, Nordwest Afrika, Teile Asiens
Nahrung: Samen, Nüsse, Insekten,Spinnen
Lebensraum: Obstwiesen, Hecken, Städte mit viel Grünraum, Alleen, Laub-, Mischwälder
Zugverhalten: Standvogel
Brutzeit: April – Mai
Status: nicht gefährdet (Trend: stabil)

von Jakob Kuhn


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