Witwenblumen und Skabiosen

Unwiderstehliche Schönheiten für Insekten 

Mit ihren zart gefärbten Blütenkörben sind Skabiosen und Witwenblumen ein beliebtes Anflugsziel für viele heimische Insektenarten.

Was auf den ersten Blick wie eine einzige große Blüte der Witwenblume (Knautia sp.) oder Skabiose (Scabiosa sp.) aussieht, erweist sich in nächster Nähe als ein Blütenstand. Dieser ist von Hüllblättern umgeben und setzt sich wie bei allen Korbblütlern aus vielen kleinen Einzelblüten zusammen. Anhand ihrer Blütenform lassen sich die zwei Pflanzengattungen gut voneinander unterscheiden. Skabiosen-Blüten weisen eine Krone mit fünf Lappen und Spreublätter am Korbboden auf, während Witwenblumen eine vierlappige Krone besitzen.

Futterstellen für verschiedene Insekten 

Manchmal streckt die Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis) schon ab Mai ihre grazilen hellvioletten Blütenstände, die reich an Nektar und Pollen sind, auf trockenen Fettwiesen, Böschungen oder Wegrändern der Sonne entgegen. Bei Schmetterlingen ist sie ein äußerst gefragter Lande- und Futterplatz. Bis zu 56 Tagfalterarten laben sich an ihrem einfach zugänglichen Nektar. Neben Tagpfauenauge (Aglais io), Schachbrett (Melanargia galathea), Großem Ochsenauge (Maniola jurtina) oder Kleinem Fuchs (Aglais urticae), findet man außerdem bis zu 17 Widderchen- Arten. 

Auch wenn die Blütenkörbe sich stärker im Wind bewegen oder man gar einen Blütenstand für einen Blumenstrauß aus dem eigenen Garten pflücken möchte, ein Widderchen lässt sich nicht so schnell bei der Nahrungsaufnahme stören. Es bleibt seelenruhig sitzen, leckt den süßen Nektar und verlässt sich auf seine rot-schwarze Warnfärbung. Diese signalisiert den Fressfeinden „Achtung, ich bin giftig!“. Es zahlt sich aus, diese hübschen tagaktiven Nachtfalter aus nächster Nähe zu betrachten! 

Auch Skabiosen üben eine magische Anziehungskraft auf Insekten aus. Die auf Trockenrasen vorkommende gefährdete Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria) lockt zum Beispiel über 49 Tagfalterarten, aber auch zahlreiche Wildbienen und andere Insekten an. Für einige Wildbienen sind Skabiosen und Witwenblumen unverzichtbar, da sich die Tiere auf ihren Pollen spezialisiert haben. Von der Tauben-Skabiose sind zum Beispiel die Skabiosen-Sandbiene (Andrena marginata) oder die Skabiosen-Hosenbiene (Dasypoda argentata) abhängig. 

Die Blütenstände der Wiesen-Witwenblume werden gerne von der großen Knautien- Sandbiene (Andrena hattorfiana) besucht. Sie verstaut den großen, rosa gefärbten Pollen in den Sammelhaaren an ihren Hinterbeinen und sieht nach vollendeter Tat so aus, als hätte sie eine „rosa Hose“ an. Anschließend bringt sie den Larvenproviant in ihre Brutzellen, die sie in den verzweigten Nestgängen im Boden angelegt hat. 

Vermehrung

Um eine Selbstbestäubung zu verhindern, staffeln die zwittrigen „Knopfblumen“ die Reife ihrer Geschlechtsorgane. Zuerst öffnen sich die vergrößerten Randblüten, um für Insekten attraktiv zu werden. Anschließend entfalten sich die inneren Einzelblüten und strecken zunächst die Staubbeutel heraus und geben den Pollen frei. Erst danach reifen die weiblichen Organe und werden empfangsbereit für den Pollen. Kriecht ein nahrungssuchendes Insekt über eine männliche Blüte, bleibt der Pollen auf der Unterseite des Insektes kleben. Beim nächsten Besuch einer weiblichen Blüte, wird der Pollen auf die empfangsbereite Narbe abgestreift und die Blüte ist bestäubt. 

Da sich die kurzen Einzelblüten trichterförmig nach oben erweitern, haben auch kurzrüsselige Insekten wie Schwebfliegen und Käfern Zugang zum süßen Nektar. Manche Käfer wie z. B. der metallisch glänzende Seidige Fallkäfer (Cryptocephalus sericeus) sind besonders frech und fressen nicht selten ganze Staubbeutel oder Blütenteile auf, um an den leckeren Pollen/Nektar zu gelangen. Solche Blütengäste sind für die Pflanze nicht sehr nützlich. 

Auch die Blätter der Knautia- und Scabiosa- Arten stehen auf dem Speiseplan mancher Insekten, wie auf dem der Raupen des Skabiosenschwärmers (Hemaris tityrus). Dieser vier bis fünf Zentimeter große Schwärmer imitiert optisch Hummeln und ist tagsüber sehr flink unterwegs, um den Nektar der „Knopfblumen“ zu naschen oder seine Eier auf deren Blattunterseite abzulegen. 

Die faszinierenden Früchte der Skabiose ähneln einem Federball. Am oberen Ende der Frucht sind Borsten und ein Saum, der wie ein Fallschirm zur besseren Verbreitung durch den Wind dient. Am Boden gelandet, helfen die hygroskopischen Borsten sich bei abwechselnder Feuchte an der Bodenoberfläche entlangzubewegen. Außerdem sind sie praktisch, um sich an Tiere anzuheften und so noch weiter verbreitet zu werden. Knautien-Arten besitzen wiederum keinen Saum an den Früchten. Sie setzen dagegen auf Ameisenverbreitung und locken die Ameisen mit einem leckeren Anhängsel am Samen an. Außerdem sind die Samen im Spätsommer ein beliebter Snack bei Goldammer, Distelfink und Co.

Für den eigenen Naturgarten sind die anspruchslosen und robusten Witwenblumen und Skabiosen in jeder Hinsicht eine Bereicherung. Mit einer gezielten Auswahl der Arten kann man von Mai bis in den November für weiße und violette Farbkleckse sorgen.

Blühzeit

Als erstes beginnen die Blütenstände der Wiesen-Witwenblume (Knautia arvensis) ab Mai/Juni zu blühen. Vor allem auf sonnigen nährstoffreicheren Plätzen entwickelt sie sich prächtig, wobei man sie im Wildstaudenbeet, auf Böschungen und Wiesen, aber auch am Wegrand pflanzen kann. Am besten kombiniert man sie mit Pflanzen mit gleichen Bedürfnissen wie z. B. dem Wiesen-Salbei (Salvia pratensis). Ein Rückschnitt regt die Pflanze zur Nachblüte an. 

Für schattigere Standorte im Garten greift man auf die heimische Wald-Witwenblume (Knautia maxima) zurück, die von Juni bis September blüht. Man pflanzt sie gemeinsam mit anderen kräftigen Nachbarn wie dem Klebrigem-Salbei (Salvia glutinosa) auf schattige, nährstoffreiche Standorte. 

Die verschiedenen Skabiosen Arten blühen von Juli bis spät in den Herbst hinein. Auf sonnigen mageren Standorten pflanzt man Kulturformen der hellgelb blühenden Gelb-Skabiose (Scabiosa ochroleuca) oder der violett farbigen Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria). Letztere bildet eine sehr tiefe Pfahlwurzel aus und dringt so tief in das Erdreich vor, um Wasser und Nährstoffe aufzunehmen. So kommt sie ausgezeichnet mit Trockenphasen klar und ist ein Geheimtipp für den klimwandelangepassten Garten! Wer einen Duft-Garten anlegen möchte, darf die Duft-Skabiose (Scabiosa canescens) nicht vergessen. Mit ihrem zarten orchideenähnlichen Duft überzeugt sie nicht nur unser Riechorgan, sondern lockt bis in den Oktober hinein Insekten an. 

 

von Katharina Sandler MSc, Bio Forschung Austria

 

Der Artikel ist im Rahmen des Interreg Projektes SYM:BIO ATCZ234, welches durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung kofinanziert ist, entstanden.
Weitere Informationen zum Projekt: www.bioforschung.at/projects/symbio-at-cz/


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